Transformation gestalten – Zukunft sichern

Kooperationsnetzwerk Chemie+

Wer wir sind

Das Kooperationsnetzwerk Chemie+ ist der Zusammenschluss führender Industrieakteure des mitteldeutschen Chemiedreiecks, die gemeinsam den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen und klimaneutralen Chemieindustrie gestalten.

Seit Juli 2025 wird Chemie+ exklusiv vom Forum Rathenau e.V. unterstützt und bildet dort als PraxisWerkstatt die vierte Säule neben DenkWerkstatt, ExperimentierWerkstatt und TransferWerkstatt.

Das Netzwerk Chemie+ vereint vorrangig Großemittenten, die den Strukturwandel des Rohstoffverbundes aktiv gestalten – technologisch, wirtschaftlich und regulativ.

Mission

Die chemische Industrie Mitteldeutschlands steht vor ihrer größten Herausforderung seit der Wiedervereinigung: dem Übergang zur Klimaneutralität bei gleichzeitigem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie. Das Kooperationsnetzwerk Chemie+ versteht sich als Plattform, auf der wirtschaftliche Akteure aus der Industrie und zukunftsweisende Technologien zusammenkommen und Synergien bilden. Gleichzeitig bildet die Plattform das Sammelbecken der wichtigen Unternehmen in Mitteldeutschland zur Sondierung der notwendigen Gelingensbedingungen zum Erhalt und der weiteren Entwicklung der Wirtschaft, welche gebündelt an die relevanten politischen Entscheider übermittelt und gemeinsam diskutiert werden.

Strukturwandel wegen veränderter Rohstoffversorgung hat es stets gegeben. Das mitteldeutsche Chemiedreieck hat sich vor über hundert Jahren auf Basis der Braunkohle entwickelt, wurde in der DDR schrittweise auf Erdöl und Erdgas aus der Sowjetunion umgestellt und nach der Privatisierung 1990 völlig modernisiert. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Jahr 2022 erfolgte mit gewaltiger Anstrengung die Loslösung von russischen Importen.

In diesem Jahrzehnt steht die Herausforderung an, in schnellem Tempo die Treibhausgasneutralität zu erreichen. Kohlenstoff und Wasserstoff sind die Moleküle, ohne die Kohlenwasserstoffe nicht herstellbar sind.

Eine Dekarbonisierung kann es folglich nicht geben, anders als häufig in der Öffentlichkeit diskutiert. Stattdessen müssen wir nun eine schrittweise Defossilisierung erreichen. Diese Defossilisierung der Industrie basiert auf:

  • Kreislaufwirtschaft des Kohlenstoffs mit Nutzung des CO₂ in der Chemie, der Lebensmittelwirtschaft – Carbon Capture and Utilization (CCU)
  • Carbon Dioxide Removal (CDR) – CO₂ aus dem atmosphärischen oder biogenen Kohlenstoffkreislauf aktiv entnehmen und dauerhaft speichern, um negative Emissionen zu erzielen
  • Chemischem Recycling von Kunststoffen, insbesondere von End-of-Life-Kunststoffen und Kunststoffreststoffen
  • Erweitertem Einsatz biogener Rohstoffe
  • Carbon Capture and Storage (CCS) zur Sicherung der Treibhausgasneutralität
  • Sondierung und Anerkennung von Negativemissionen

Das mitteldeutsche Chemiedreieck

Mit rund 35.200 Beschäftigten und einer jährlichen Produktionskapazität von etwa 8,7 Millionen Tonnen (16 Prozent der deutschen Chemieproduktion) ist das ostdeutsche Chemiecluster ein bedeutender Industriestandort. Die Region umfasst die Standorte:

  • Leuna (12.000 Beschäftigte) – größter Standort mit Raffinerie, Gasezentrum und vielfältiger chemischer Produktion
  • Bitterfeld-Wolfen (11.000 Beschäftigte) – breites Spektrum chemischer Spezialprodukte
  • Böhlen/Schkopau (3.500 Beschäftigte) – Steamcracker und Kunststoffproduktion
  • Piesteritz (3.000 Beschäftigte) – größte deutsche Ammoniak- und Harnstoffproduktion und Agro-Chemie Park
  • Zeitz (1.500 Beschäftigte) – biogen basiertes Produktportfolio

Besonders hervorzuheben ist die mittelständische Prägung der Region: Im Gegensatz zu westdeutschen Chemiestandorten dominieren hier kleine und mittelständische Unternehmen. Große Konzerne wie DOW Chemical, TotalEnergies, Linde, SKW Piesteritz, Solvay und Wacker bilden das Rückgrat des Rohstoffverbundes, während zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von den etablierten Verbundstrukturen profitieren.

Das Cluster CCUS Ostdeutschland

Das Kooperationsnetzwerk Chemie+ wirkt in zentralen Transformations- und Infrastrukturprojekten mit – regional, bundesweit und europäisch.

Das Netzwerk ist aktiver Partner der CCUS-Initiative Ostdeutschland, die die regionale Industrie für CO₂-Abscheidung, -Transport und -Nutzung vernetzt und gemeinsame Positionen erarbeitet.

Chemie+ speist seine langjährige Expertise ein – insbesondere aus dem Projekt CapTransCO, einer Machbarkeitsuntersuchung, die den Weg zur klimaneutralen Umgestaltung der mitteldeutschen Grundstoffindustrie aufzeigt.

Die wichtigsten Ergebnisse von CapTransCO₂

CO₂-Emissionen und Potenziale

Im Untersuchungsgebiet befinden sich 137 industrielle Anlagen, die für etwa 12 Prozent der gesamtdeutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Davon stehen zirka 9 Millionen t/a CO₂ für CCU/CCS und mehr als 5 Millionen t/a CO₂ für CCS zur Verfügung.

Infrastruktur-Konzept

Das im Rahmen der Machbarkeitsstudie geplante CO₂-Sammelnetz würde die größten Emittenten in Mitteldeutschland mit einem künftigen Zwischenspeicher in Bad Lauchstädt verbinden. Von dort könnten alternativ zwei Haupttrassen zur Küste führen:

  • Bad Lauchstädt – Stade (375 km, ca. 1.104 Mio. €)
  • Bad Lauchstädt – Rostock (550 km, ca. 1.614 Mio. €)

Die Rostock-Variante würde die Einbindung weiterer Großemittenten in Brandenburg ermöglichen, darunter die Raffinerie PCK Schwedt und Zement- sowie Kalkwerke bei Berlin.

Projektpartner CapTransCO

  • Leuna: TotalEnergies Raffinerie
  • Leipzig: VNG Gastransport
  • Böhlen: DOW Olefinverbund
  • Schkopau: DOW Kunststoffanlagen
  • Piesteritz: SKW Stickstoffwerke Piesteritz
  • Karsdorf: Thomas Zementgruppe
  • Wissenschaftliche Begleitung: DBI Leipzig, Ontras

Die Studie zur Kohlenstoffkreislaufwirtschaft des Forum Rathenau „Strukturwandel: Kohlenstoffbasierte Industrien in Mitteldeutschland auf dem Weg in neue Märkte – Wirtschaftliche Ausgangslage und Entwicklungspotenziale“ (Wissenschaftliche Begleitung: Wuppertal Institut, A. Friebe) erfasst die Ergebnisse der CapTransCO₂-Studie und stellt diese in einem weiteren Zusammenhang der Standortentwicklung.

Innovation und Forschung

Die Transformation der Chemieindustrie erfordert intensive Forschung und Entwicklung. Das mitteldeutsche Chemiedreieck verfügt über eine einzigartige Forschungslandschaft:

Fraunhofer-Institute und DLR-Entwicklungsplattform integriert in Chemiestandorte

  • Pilotanlagenzentrum (PAZ) in Schkopau – Polymersynthese und -verarbeitung
  • Zentrum für chemisch-biotechnologische Prozesse (CBP) in Leuna – Verfahren aus nachwachsenden Rohstoffen
  • Hydrogen Lab in Leuna – Wasserelektrolyse und Methanolsynthese
  • DLR-Entwicklungsplattform in Leuna – e-Kerosin-Produktion

Großforschungszentrum

Das Center for the Transformation of Chemistry (CTC) in Delitzsch und Merseburg entwickelt künftig innovative Ansätze für die Chemieindustrie, etwa Polymermoleküle mit Sollbruchstellen für verbessertes chemisches Recycling.

Diese Ansiedlung von Forschungseinrichtungen direkt innerhalb oder in unmittelbarer Nähe der Chemieparks ist in Deutschland einzigartig und unterstreicht die Bedeutung des Standortes für die industrielle Transformation.

Anwendungsforschung

SKW Piesteritz betreibt die größte mitteldeutsche landwirtschaftliche Anwendungsforschung mit einem 180 ha großen Versuchsgut in Cunnersdorf bei Leipzig. Auch befindet sich im Agro-Chemie Park Piesteritz (ACP) mit dem Agrochemischen Institut Piesteritz (AIP) ein An-Institut mit der Martin- Luther- Universität Halle-Wittenberg und Standortfirmen des ACP für anwendungsnahe Grundlagenforschung.

Sprecher und Kontakt

Dr.-Ing. Christoph Mühlhaus ist seit 2009 im Ruhestand, aber nach wie vor sehr aktiv als Sprecher des Kooperationsnetzwerk Chemie+. Während seiner Berufstätigkeit war er nach seiner Tätigkeit im Management der Buna AG/GmbH an deren Privatisierung beteiligt und gestaltete den Olefinverbund mit. Als Ansprechpartner Chemie+ des Forum Rathenau e.V. engagiert er sich für die Zukunftssicherung der Industrie im mitteldeutschen Chemiedreieck.

"Im Rahmen meines Engagements für das Forum Rathenau ist mir die Zukunftssicherung der Industrie im mitteldeutschen Chemiedreieck besonders wichtig. Ich möchte die Kompetenzen der Akteure bündeln, um die Transformation der Industrie voranzutreiben."

Dr.-Ing. Christoph Mühlhaus

Sprecher Kooperationsnetzwerk Chemie ⁺
Ansprechpartner Chemie des Forum Rathenau
Telefon: 0176 41831425
E-Mail: christoph.muelhaus@web.de
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Dr.-Ing. Christoph Mühlhaus
Sprecher Kooperationsnetzwerk Chemie ⁺
Ansprechpartner Chemie des Forum Rathenau

Aktivitäten

Das Kooperationsnetzwerk Chemie+ organisiert und koordiniert:

  • Den Regionalen Begleitkreis „Chemisches Recycling Mitteldeutschland“ in Abstimmung mit dem Netzwerk der Entsorger
  • Fachlichen Input für die Carbon Management Strategie des Landes Sachsen-Anhalt
  • Fachlichen Hintergrund für Landtags-, Bundestags- und EU-Abgeordnete der Region, den Europäischen Ausschuss der Regionen und das Europäische Netzwerk der Chemieregionen (ECRN)
  • Begleitung der Machbarkeitsuntersuchung CapTransCO₂ und des Aufbaus der CO₂-Infrastruktur

Vision: Kohlenstoff neu denken

Mit der Unterstützung durch den Forum Rathenau e.V. wird die branchen- und sektorenübergreifende Verzahnung weiter vorangetrieben.

Kohlenstoff ist für die Chemieindustrie unverzichtbar. Kreislaufwirtschaft und Bioökonomie werden schrittweise die fossilen Rohstoffe ersetzen. Das Kooperationsnetzwerk Chemie+ gestaltet diesen Weg aktiv mit und sichert so hochwertige Arbeitsplätze und Wertschöpfung in der Region.

Das Kooperationsnetzwerk Chemie+ –
Gemeinsam die Transformation gestalten für eine klimaneutrale und wettbewerbsfähige Zukunft der Chemieindustrie in Ostdeutschland.